Essay & so

Vom Kaffeehaus-Biotop

Kaffeehäuser gehören seit jeher zu meinem natürlichen Lebensumfeld, zu meinen Lieblingsbiotopen, quasi… In Kaffeehäusern kann man sitzen (alleine, zu zweit, zu mehrt), man kann schauen, essen, trinken, mit anderen Menschen plaudern, philosophieren, Neuigkeiten austauschen

Man kann Zeitung lesen oder ein Buch, in Magazinen blättern. Früher einmal hat man hier Ansichtskarten und Briefe geschrieben, heute sitzt man eher mit Smartphone und Laptop, egal, man kann sich hier die Zeit vertreiben, man kann arbeiten oder nichtstun, träumen, nachdenken, kann sich bedienen lassen, kann einladen und eingeladen werden, kann Gesprächen lauschen, mit anderen ins Gespräch kommen…

In vielen Jahren intensiver Kaffeehauserfahrung habe ich händchenhaltende Liebespaare beobachtet und solche, die sich am Nachbartisch gerade (tränenreich) getrennt haben. Ich habe erste Annäherungen aus den Augenwinkeln wahrgenommen, Flirtversuche… Da gab es Geschäftsbesprechungen und Freundinnentratsch… gelangweilt distanziertes Schweigen… diverse Stammtischgruppierungen… Gespräche unter Männern… ungeduldig Wartende… wuselige Familientreffen… wütend Streitend- und Davonrennende… offensichtliche Blind-dates

Und ich gestehe: ich habe (fast) alles das auch selber schon im Kaffeehaus erlebt und erlitten…

Im Kaffeehaus zu sitzen heißt für mich, die Zeit ein wenig anzuhalten, dem Alltag zu entfliehen, sich eine kurze Rast zu gönnen… das Leben mitsamt seinen Aufgaben und Anforderungen aus der Distanz zu reflektieren… vor sich hin zu träumen… sich inspirieren zu lassen…

In Graz zieht es mich meist in die immer gleichen Kaffeehäuser… das Kaiserfeld in der Innenstadt zum Beispiel, ein Urcafe mit seinen schweren braunen Sofas und Sesseln oder das Purberg am Hilmteich – exklusiv, ein Genuss für die Seele und die Sinne… das Café Rosenhain mit seinem wunderbaren Blick über die Stadt… und das Café Auer, Nähe Hasnerplatz mit dem kreativ bunten Interieur…

Ich mag die alten Konditoreien wie das Philipp am Schillerplatz… wo zu meiner Schulzeit gerne der Vormittag als Alternative zum Schulunterricht verbracht wurde.

Nun hat auch die ehrwürdige Promenade beim Stadtpark (endlich) wieder seine Pforten geöffnet… da, wo ich als Studentin vor 30 Jahren bereits heiße Schokolade mit Rum und Schlag geschlürft habe… ein wenig umgewandelt, umgestylt, ein bisschen cooler, ein bisschen dunkler ist es jetzt… aber ja, genauso wieder (viele) weitere Besuche wert…

Lange Zeit gab es ja nicht so die umwerfend große Auswahl an (brauchbaren) Kaffeehäusern in Graz, aber in den letzten Jahren sind doch mehr und mehr Cafés dazugekommen… feine kleine Lokale, vor allem im Innenstadtbereich… mittlerweile warten da schon einige darauf, einmal besucht zu werden…

Es hat wohl was, wenn man ein Stammcafé hat… dort kennt man die Gepflogenheiten, man ist bekannt – man hat seinen Lieblingsplatz, sein bevorzugtes Getränk, seine Lieblingsspeisen… Kellner/Kellnerin kennen einen beim Namen, die passende Zeitung wird automatisch zum Tisch gebracht.

Und dennoch reizt es mich von Zeit zu Zeit auch Neues auszuprobieren… in andere Kaffeehauswelten einzutauchen…. jede hat ihr eigenes Publikum, ihre eigene Atmosphäre… überall gibt es Neues zu schauen, zu hören, zu schmecken, zu riechen.

Mögen uns die Kaffeehäuser also weiterhin erhalten bleiben… als wundervolle, spannende Orte der Begegnung, an denen man ganz nach Bedarf miteinander, aber auch für sich alleine und trotzdem in Gesellschaft sein kann.