Warum wir ein JA brauchen und ein NEIN

Manchmal denke ich mir, ich sollte öfter nein sagen – zu viele Termine, zu viele Verlockungen, zu viele tolle Veranstaltungen. Zu köstliche Leckereien am Buffet, die alle durchgekostet werden wollen. Zu viele Ideen, zu viele Projekte, zu viele Menschen, die ich gerne sehen/besuchen/sprechen möchte. Zu viele schöne Dinge, die es zu kaufen gäbe, zu viele Bücher, die gelesen werden sollten, Reisen, die auf der Wunschliste stehen, Arbeiten, Erledigungen, Verpflichtungen, Wünsche….

DSCN1787

Ohne Nein würde ich untergehen in den unzähligen Möglichkeiten. Könnte nur da und dort ein Häppchen probieren, nichts fertig machen, hätte nur Stress, wäre nur unzufrieden – und könnte doch nie, nie und nimmer alles machen, alles ausprobieren, was sich so anbietet.

Ohne klares Nein würde ich zulassen, dass andere meine Grenzen überschreiten, dass ich mich verliere im Wust von helfen und übernehmen und die Wünsche anderer erfüllen. Die Vorgaben und Bedürfnisse und unzähligen Anfragen von außen. Wie dringend braucht es da manchmal ein starkes, eindeutiges Nein!

Und dann denke ich mir wieder: ich brauche mehr JA in meinem Leben. Ein gutes, durchgängiges Ja zum Leben. Zu meinem Leben. Zu meinen aktuellen Lebensumständen. Ein Ja zu mir, so wie ich bin. Zu meiner Entwicklung, meinem ureigenen Weg. Ich brauche ein Ja – eine Vision, ein Ziel, eine Hoffnung. Ein Ja zum Moment. Ein Ja zu dem Weg, den ich gehen will. Ein Ja zu dieser Entscheidung, die ich getroffen habe – und die zugleich ein nein zu vielen parallel anderen Möglichkeiten ist. Ein Ja zum einen, das ein Nein zum anderen ist.

DSCN1649

Ohne Ja wüsste ich nicht, wohin ich gehen soll. Das Ja zieht mich ins Leben, durchs Leben, in den Moment. Das Ja zeigt mir, wohin die Reise gehen soll. Wo das Licht ist, die Hoffnung, die Freude. Das Ja möchte ein bedingungsloses sein. Ein Akzeptieren. Ein Bekennen. Dazu stehen. Ja, ich will. Ja, ich habe mich entschieden. Ja, ich gehe diesen Weg. So ein Ja brauchen wir alle. So ein Ja will ich.

Und dazu brauchen wir das Nein. Das Nein, das uns loslassen lässt. Das Nein, das uns zum Wählen auffordert. Das uns vorm Zuviel schützt. Das Nein, das Achtsamkeit, Verantwortung in unser Leben bringt. Nein, ich kann nicht drei Kuchen gleichzeitig essen. Ich kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Ich kann nicht zugleich dorthin und dahin gehen. Ich brauch vieles nicht. Dazu kann ich nein sagen. Und je klarer, je stärker mein Nein, desto sicherer, desto eindeutiger mein Ja. Ja zum Moment. Ja zum Wandel. Ja zur immerwährenden Veränderung, zum Wachsen und Lernen. Zum Besser werden und sich entwickeln. Ja zur bestmöglichen Version meiner Selbst.

DSCN1869

Wir brauchen beides: Das Ja und das Nein. Wir balancieren ständig zwischen beiden Polen. Es kann ein Ja geben zu einem Menschen. Und ein Nein zu einem bestimmten Verhalten dieses Menschen. Es kann ein Nein geben – nicht jetzt und nicht hier und nicht heute. Aber es kann ein Ja sein: das will ich machen, da bin ich dabei! Es ist wichtig zu differenzieren: wann braucht es ein Ja und wann ist das Nein angesagt.

Ich denke, das zu beherrschen, das ist hohe Lebenskunst!