Buchbesprechung

Wenn du wiederkommst

Anna Mitgutsch: Wenn du wiederkommst. Roman. München (Luchterhand) 2010.

 

Ich weiß nicht genau, warum ich gerade nach diesem Buch gegriffen habe, aber Titel und Cover haben mich irgendwie angesprochen… und zufällig aufgeblätterte Sätze wie diese:

“Die Tage im Mai sind sehr lang, sie reichen an beiden Tagesenden weit in die Nacht hinein.”

Ein Sprache, die mir sofort unter die Haut geht, die etwas in mir berührt, mich eine Atmosphäre spüren lässt ohne dass es näherer Erklärungen bedarf.

“Wenn du wiederkommst” heißt das Buch der Linzer Autorin Anna Mitgutsch. Ein Frau erzählt von der Liebe ihres Lebens. Eine nahezu lebenslange Liebe. Doch das Buch beginnt damit, dass der Partner überraschend stirbt. Über viele, viele Seiten wird nun die Geschichte dieser Beziehung aufgerollt, sie entwickelt sich quasi vor dem inneren Auge des Lesers.

Es ist eine Geschichte über den Tod und die Trauer. Den Schmerz, das Loslassen (müssen), das Abschiednehmen, das Erinnern. Über versäumte Gelegenheiten, offen gebliebene Fragen, Verletzungen, Kränkungen… und trotz allem eine Verbundenheit, eine Vertrautheit, die letztlich in einem wechselweisen Zueinander und wieder Wegvoneinander gewachsen ist.

“Fiel der Tod hinterrücks über ihn her oder ist Sterben etwas, wozu man am Ende seine Zustimmung gibt?”

Hat der Verstorbene vielleicht gar geahnt, dass seine Zeit hier auf Erden zu Ende geht? Im Nachhinein lassen sich durchaus Hinweise finden…

Es hat sehr viel tröstliches sich mit der Autorin gemeinsam über das Sterben, über den Abschied von einem Menschen auseinanderzusetzen. Und trotz allem: es ist kein trauriges Buch, es ist ein berührendes Buch. Es ist letztlich (über jeglichen Tod hinaus) ein Buch über die Liebe, über das Miteinander zweier Menschen. Es ist die Geschichte zweier Liebenden, die ihr Leben lang Wege suchen, miteinander sein zu können, einander zu respektieren, einander auch sein lassen zu können.

“… es war ein Drahtseilakt, der fünfzehn Jahre dauerte und von der Kraft des Wünschens in Balance gehalten wurde.”

Die Erzählerin muss das gemeinsame Haus ausräumen, Erinnerungsstücke sortieren – weggeben, aufheben? – wie verändern sich Dinge, wenn die Menschen dazu fehlen?

“Die Erinnerungen sind so gegenwärtig, dass sie nicht Vergangenheit werden können, sie schicken unsere Sehnsucht in eine Zukunft voraus, von der wir wissen, dass sie für alle Zeiten von uns abgeschnitten ist.”

Es braucht Zeit, mit den Veränderungen, den Gegebenheiten fertigzuwerden. Die Realität zu akzeptieren. Die Autorin nimmt uns mit auf diesen Weg, mit all ihren Gedanken, Gefühlen, Überlegungen. Den vielen kleinen und großen Unwichtigkeiten, die sich plötzlich auftun, die gesehen, gehört werden wollen.

“Nie zuvor war es mir bewusst geworden, wieviel Robustheit die Wirklichkeit uns abverlangt, wie schmal der Streifen Leben ist, auf dem man sich frei von Angst bewegen kann.”

Ein Jahr Trauerzeit, ein Jahr der Veränderungen. Die Erzählerin geht durch alle Stadien des Schmerzes, des Abschiednehmens. Kein Tarnen und Täuschen, kein Darüberhinweg-agieren. Kein Verdrängen. Sondern sich einlassen.

“Noch immer erfüllt Jeromes Gegenwart das Haus, er ist der Zwischenraum zwischen den Dingen, die Zeit zwischen den Minuten.”

Und sie schafft es schließlich, die Erzählerin, die weiter lebt, während der Geliebte nicht mehr auf dieser Erde weilt, einen Abschied und ein Weiterleben dieser Liebe zugleich geschehen zu lassen.

Ich lege es schwer aus der Hand, das Buch, es hat mich tief in meinem Innersten berührt.

Der letzte Satz: “So hätte es doch sein können, nicht wahr?”