Essay & so

Vom Wert des Fehlermachens

Ja, ich gebe es unumwunden zu: Ich mache Fehler. Mein ganzes Leben lang schon. Immer und immer wieder. Nur, so hoffe ich, nicht immer die gleichen. Sondern immer wieder neue. Das Leben stellt mich jeden Tag vor neue Aufgaben, neue Herausforderungen. Ich bemühe mich, so gut ich kann, ich probiere, taste mich heran… und stelle im Nachhinein fest, dass mir wieder mal einiges missglückt ist. Dass ich einen Fehler gemacht habe. Das Falsche gesagt, das Falsche getan. Möglicherweise eine falsche Entscheidung getroffen…

Ja, so ist das Leben. Und so sind wir Menschen. Wir lernen, in dem wir Fehler machen. Machen dürfen. Was für ein Glück. Es gibt fast überall ausreichend Übungsfelder, in denen wir uns erproben können. Niemand kann etwas sofort und auf Anhieb und für alle Zeiten. Wenn wir etwas können wollen, heißt es: lernen, üben, weiterlernen, weiterüben…

Der grandiose Pianist, die Tänzerin, die mit unnachahmlicher Grazie durch den Raum schwebt, der Wissenschaftler, die Technikerin und ihre Erfolge – wer aber sieht die harte Arbeit dahinter, die ungezählten Fehlgriffe, Fehltritte, Stürze, Missgeschicke, Verzweiflungsmomente, Frustrationen, Fehler…

Jedes Baby, jedes Kleinkind lernt durch Üben. Als Erwachsene stehen wir verzückt daneben und freuen uns über die ersten Brabbellaute – komplett unsinnig, unverständlich und falsch – aber wer würde dabei nicht in Entzücken verfallen… Babys erste Schritte – aufstehen, umfallen, wieder aufstehen, wieder umfallen – würde Baby keinen Fehler machen wollen, es täte wohl nie gehen, laufen, sprechen lernen…

Und so geht es weiter, durchs ganze Leben: Schule, Vokabeln, Gleichungen, Formeln… Schulaufgaben, Prüfungen, Vorstellungsgespräche, Verhandlungen… immer wieder Neues, und immer wieder neue Fehler…  ins Fettnäpfchen getappt… sich blamiert bis auf die Knochen… ausgerutscht, umgekippt, gestolpert, gefallen…

Was sagt die wahre Prinzessin dann: “Aufstehen, Krönchen richten, weitergehen!”

Also, wer lernen will, macht Fehler. Wer nichts lernt und nicht lernen will (weil man dabei ja Fehler machen und sich blamieren könnte), macht auch Fehler. Den schlimmsten überhaupt: es gar nie probiert zu haben. Sich nie erprobt zu haben.

Gut werde ich in einer Sache nur, wenn ich sie übe. Wieder und wieder. Hinfallen, aufstehen, weitergehen… Nur Mut! Und: keine Angst vor Fehlern. Denn erst diese lassen uns wachsen und stark werden!!!

Deshalb habe ich angefangen, mich mit meinen Fehlern anzufreunden, sie willkommen zu heißen. Was lerne ich daraus, was kann ich besser machen, soll ich also weiterüben??? Und ist jeder Fehler tatsächlich ein Fehler… oder kann ich vielleicht nur gerade im Moment noch keinen Sinn und Nutzen in einer Sache erkennen?

Offenbart sich manches mal nicht auch ein vermeintlicher Fehler im Nachhinein als wahrer Glücksfall?

Seien wir gnädig mit unseren Fehlern! Den eigenen und denen der anderen. Lassen wir uns von ihnen leiten und herausfordern, motivieren und anregen… Und mögen sie uns demütig sein lassen – denn: nobody is perfect!

… until she tries

Daher: Lassen wir uns gnädig sein mit unseren Fehlern, zb den vielen kleinen Schreib- und Formfehlerchens, die sich im Lauf der Zeit auf so einer Webseite einschleichen… wenn es gar zu sehr stört, geben Sie mir einfach Bescheid!

Damit schließe ich für heute, denn, um mit Bertold Brecht zu sprechen:

“Ich habe viel Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor.“